Das sinfonische Frühlingskonzert des Musikvereins Stammheim ist nicht nur für die Musiker selbst ein Höhepunkt im Jahreslauf, sondern auch im Veranstaltungskalender der Stadt Calw. Die Kapelle spielt in der Höchststufe einer sechsstufigen Klassifizierung, die über Wertungsspiele erreicht wird. Darüber steht nur noch die Meister- oder Konzertstufe. So war denn auch die Gemeindehalle voll besetzt, als zunächst die Jugendkapelle unter der Leitung von Mathias Heldmayer mit dem Titel »Enjoy the moment« das Publikum geradezu aufforderte, den Abend zu genießen. Die rund 30 Jugendlichen waren mit Konzentration und Engagement bei der Sache. Sie lieferten einen Beweis dafür, dass im Musikverein eine überaus fruchtbare musikalische Ausbildung stattfindet. Der Romanze »Guidita«, einer schlichten, innigen Komposition, verlieh Solistin Sina Kuonath mit ihrer Oboe einen besonderen Glanz. »Viva la Musica« war gleichsam ein Statement der jungen Musiker für ihre Passion, stand doch der erste Teil für feierlich-hymnische Stimmung, der zweite für überschäumende Lebensfreude.
Jugendkapelle lädt zum Genießen ein.
Spanisches Temperament und Drama hielt Einzug ins Konzert mit der Ouvertüre zur Oper »Carmen«, mit der die auch ob ihrer schieren Größe optisch beeindruckende Trachtenkapelle ihren Auftritt begann. Mit ruhiger Hand leitete Michael Schanz die Musiker, die wie ein großes Instrument punktgenau seinem Stab folgten. Unter die Haut ging das vielseitige, außerordentlich bildhafte Klangpanorama, welches das Orchester mit dem Titel »Tulsa« in den Saal zauberte. In den 1920er-Jahren war die Stadt in Oklahoma »die« Erdölstadt schlechthin. Der Titel beschreibt ihre Entwicklung von unberührter Natur über die Inbesitznahme des Gebietes durch die Weißen, die Einrichtung einer Ölquelle bis hin zur ausgelassenen Feier des wirtschaftlichen Aufschwungs. Melodische Naturbeschreibung, dramatisches Schlachtgetümmel und die Arbeit mit Metall und Maschinen gehen schließlich über in einen fröhlichen Parademarsch.
Solistin Stefanie Hammann begeisterte beim Titel »Immer kleiner« mit ihrem virtuosen Spiel auf der immer kleiner werdenden Klarinette. Bravurös-stilvoll meisterte Hannes Stuhlmüller dabei seinen Part als Butler, der mit Silbertablett und weißen Handschuhen die Teile abholte, die Hammann nach und nach von ihrem Instrument entfernte.
Spanisches Temperament und Drama halten Einzug
Erinnerungen an das Lebensgefühl der 68er-Genera- tion wurden wach mit »Eloise«, das Genre Filmmusik streiften die Musiker mit »Star Wars Saga«. Dem Genius von Ray Charles huldigten sie mit einem Medley seiner bekanntesten Welthits. Mit »Lux Aurumque« wurde ein leises, von ungewöhnlichen Klangmustern geprägtes Bild aus Licht und Gold gewoben. Der »March Grandioso« setzte einen stattlichen Schlusspunkt unter das Programm. Alle Stammheimer Musiker betreiben ihr Hobby in der Freizeit. Sie alle müssen Liebhaber im besten Wortsinne sein, haben sie doch neben Beruf und Familie ein enormes Maß an Zeit in monatelange Probenarbeit für ihr Programm investiert und nebenbei 2015 noch eine Kon- zertreise nach Paraguay unternommen. Und nur Liebhaber sind bereit, ausdauernd an höchstmöglicher Präzision zu arbeiten, was für Musiker und Dirigent gleichermaßen gilt. Gerne war das Orchester am Ende zur Zugabe bereit. Zum 500. Mal jährte sich am Tag des Konzerts der Erlass des Bier-Reinheitsgebots und die Kapelle bewies mit dem fränkisch-schwäbischen Biermarsch auch ihre Qualität als hörenswerter Chor. Der Sinatra-Titel »I did it my way« könnte Beleg dafür sein, dass die Kapelle auf ihrem Weg alles gibt und damit zweifellos, auch nach Meinung vieler, auch fachkundiger Besucher, in der vielfältigen Calwer Blasmusikszene einen Spitzenplatz innehat. (Quelle: Jeanette Tröger, Schwarzwälder Bote)